Meine Tochter (14 Monate alt) sitzt auf dem Boden und spielt. Ich beobachte sie. Sie möchte ein paar Stapelbecher ineinanderstecken, es gelingt ihr nur leider nicht. Plötzlich wirft sie die Becher in hohem Bogen zur Seite und schlägt ebenfalls die anderen Spielsachen zur Seite.

Sie schreit laut auf, beginnt zu weinen und ist wütend.

Ich gehe zu ihr und möchte ihr die Stapelbecher wieder in die Hand geben, damit wir es gemeinsam noch einmal versuchen können. Doch anstatt es noch einmal zu versuchen schlägt sie mir die Becher aus der Hand, schmeißt sich auf den Boden und brüllt noch lauter.
Diese Situation erleben wir in letzter Zeit öfter. Den Grund für diesen Wutanfall muss ich zum Glück nicht suchen.

Sie ist frustriert

Frustriert darüber, dass sie es nicht selbst geschafft hat die Becher ineinander zu stecken. Ähnliches erleben wir wenn sie nicht in den Kinderwagen will oder ihr ein anderes Kind auf dem Spielplatz etwas wegnehmen will.

Dann gibt es aber da noch die andere Art von Wutanfällen

Die, die ich mir nicht erklären kann. Für die es keinen (für mich) ersichtlichen Grund gibt. Von einer Sekunde auf die andere schlägt die Laune um, das Kind lässt sich zu Boden fallen, schlägt um sich und lässt sich nicht beruhigen. Als Mutter steht man verzweifelt daneben, möchte das Kind trösten und für es da sein. Doch das Kind verweigert diese Hilfe und wird nur noch wütender je näher man ihm rückt.

Aus diesen Wutanfällen habe ich gelernt, dass das Einzige was ich tun kann ist, da zu sein. Ich biete ihr meine offenen Arme an, rücke ihr aber nicht zu Nahe. Ich spreche mit ihr, aber ganz sanft und ohne Vorwürfe oder Fragerei „warum“ sie denn so wütend ist. Manchmal sage ich auch gar nichts, schaue sie einfach nur an und warte bis sie bereit ist, in meine Arme zu kommen.

Ich bin einfach da

Ein Kind in diesem Alter weiß oft selbst nicht warum es wütend ist. Daher muss ich als Mutter ebenfalls nicht nach Gründen suchen. Die Gefühle der Kinder überschwemmen sie, wie eine Flutwelle. Sie ertrinken in ihrer Wut buchstäblich. Ihre innere Spannung ist dabei für sie unerträglich. Sie können nicht mehr klar denken.

Zudem ist das Gehirn eines Kleinkindes noch nicht weit genug entwickelt um nun auf Mamas beruhigende Worte zu hören. Daher gibt es nur eine Lösung: den Wutanfall ausstehen und liebevoll begleiten. Ohne Wertung, Grenzen und lange Belehrungen. Zumindest ist das für mich in diesem Fall absolut klar.

Natürlich gibt es Situationen in denen wir nicht neben unserem Kind sitzen können um zu warten bis es sich wieder beruhigt hat. Auf dem Spielplatz zum Beispiel. Wenn meine Tochter schon über zwei Stunde gespielt hat und wir langsam aufbrechen müssen weil wir einen wichtigen Termin haben oder weil es anfängt zu regnen.*

Dann will sie sich nicht in den Kinderwagen setzen lassen

Anstatt mich aber einem Kampf auszuliefern und sie mit Gewalt in den Kinderwagen zu setzen habe ich für mich eine viel einfachere Lösung gefunden. Ich trage sie. Natürlich nicht den ganzen Weg nach Hause. Wie schon im Artikel zu den „Wickelkämpfen“ geschrieben, ist die Lösung oft ein Situationswechsel.

Wenn sie sich sträubt in den Kinderwagen zu gehen und es auch nicht danach aussieht als würde sie das in den nächsten fünf Minuten tun, dann nehme ich sie auf den Arm und verlasse den Spielplatz (auf dem Arm weint sie nicht sondern schaut sich zufrieden um).Sind wir ein paar Meter gegangen versuche ich es noch einmal. Meistens klappt es schon sobald wir nicht mit auf dem Spielplatzgelände sind.

Ein weitere Tipp ist es, ihr etwas in die Hand zu geben. Ist die Aufmerksamkeit auf etwas anderes gerichtet, ist es oft einfacher sie im Kinderwagen anzuschnallen (das klappt übrigens auch beim Thema Autositz).

Wutanfälle vermeiden

Wir oben schon beschrieben gibt es zwei Arten von Wutanfällen. Die einen, die wir uns erklären können und die, bei denen wir keine Ahnung haben was im Kopf unserer Kindes vorgeht. Erstere können wir versuchen zu verhindern. Wenn wir wissen, dass unser Kind er hasst angezogen zu werden können wir versuchen dies spielerischer zu gestalten oder es in mehreren Etappen zu tun (Windel und Body werden im Liegen angezogen, der Rest der Klamotten im Stehen etc.).

Wenn ich weiß, dass mein Kind ständig mit dem Finger im Labello rumstochert und ihn damit kaputt macht, dann gebe ich ihm entweder gar keinen Labello zum spielen oder einen, der schon leer ist (anstatt den Labello wegzunehmen und damit Frust auszulösen). Versteht ihr auf was ich hinaus will?

Natürlich gibt es viele Situationen, in denen ein „Nein“ oder das Wegnehmen eines Gegenstandes unvermeidbar sind (zum Beispiel bei gefährlichen Dingen), aber die, von denen wir im Vorneherein wissen, dass es zu einem Wutanfall führen könnte, die können wir versuchen zu vermeiden.

Für das Kind darf sich durch einen Wutanfall nichts ändern

Ein Kleinkind bekommt nicht absichtlich einen Wutanfall. Es lässt all seinen Emotionen freien Lauf. Man sollte dem Kind daher nie das Gefühl geben, dass seine Emotionen nicht in Ordnung sind. Man sollte sich einfach ganz klar darüber sein, dass die Emotionen des Kindes in seinen Augen absolut gerechtfertigt ist und, dass es gut ist, dass es Emotionen zeigt. Wenn Kinder von klein an lernen, dass seine Emotionen nicht in Ordnung sind, entstehen hier oft schon kindliche Prägungen, die vielleicht dazu führen, dass es seine Emotionen auch später lieber unterdrückt als ihnen Ausdruck zu verleihen.

Ich habe mittlerweile einige Artikel zum inneren Kind und den Wunden der Kindheit geschrieben (einfach auf farbig markierten Wörter klicken).

Erste Hilfe Tipps bei Wutanfällen

  • Bei einem Wutanfall sollte man als Elternteil:
  • Ruhig bleiben
  • Das Kind nicht alleine lassen
  • Verständnis für die Gefühle seines Kindes zeigen
  • Schweigen oder sanfte Worte wählen
  • Nicht verunsichern lassen (Wutanfälle sind normal)
  • Niemals Zurückschreien
  • Das Kind wird für einen Wutanfall weder bestraft noch belohnt
  • Niemals aus Angst vor Wutanfällen selbst einschränken

 


*Nachdem ich mich nun mehr und mehr zum Thema „Unerzogen„** belesen habe weiß ich, dass Mütter, die diese Haltung haben nun sagen würden:“Ist der Termin denn wichtig? Kann man ihn nicht verschieben? Kann das Kind nicht im Regen weiterspielen? Sind das nicht nur Dinge die MIR als Mutter wichtig sind und ich missachte den Willen des Kindes? Das sind alles wunderbare Fragen und ich fange an mich und Situationen immer mehr zu reflektieren. Dennoch gibt es eben Situationen, in denen wir nicht noch ein paar Minuten oder Stunden bleiben können

**Dies ist einer meiner ersten Artikel. Meine Tochter war damals gerade ein Jahr alt und ich noch am Anfang meiner Reise. Mittlerweile würde ich einiges an bisschen anders machen, dennoch bleibt dieser Artikel online – denn er zeigt den Anfang eine bedürfnisorientierten Reise und ich denke viele Eltern werden auch in diesem Artikel Hilfe finden. Bald wird auf jeden Fall ein Folgeartikel geschrieben. Bis dahin kann ich euch meinen Artikel „Kleinkinder richtig trösten“ empfehlen <3