Will ich wirklich (jetzt) noch ein Kind? Oder möchte ich nur einen Punkt auf meiner To-Do Liste abhaken und/oder mich einem Gruppenzwang anschließen? Diese Frage stelle ich mir im Moment immer wieder und habe bis jetzt noch keine Antwort darauf gefunden. Vielleicht finde ich ja eine indem ich meine Gedanken niederschreibe.

Kinderwunsch stand von früh fest

Schon als kleines Mädchen habe ich immer gesagt, dass ich gerne zwei Kinder hätte. Einen Jungen und ein Mädchen. Dazu wollte ich gerne einen Mann, ein Haus mit Garten und zwei Mal im Jahr in den Urlaub. So hatte ich das geplant. Geplant habe ich nämlich schon immer gerne. Eigentlich könnte man mich sogar als Extrem-Planerin bezeichnen. Spontan ist selten drin in meinem Terminplan. Und in meinem Lebensplan waren Abweichungen eigentlich auch nie vorgesehen.

Deutschland verlassen wollte ich nie

Dann lernte ich meinen Partner kennen und fand mich plötzlich im Ausland wieder. Für viele meiner Freunde war dieser Schritt eigentlich kaum zu fassen, denn ich wollte Deutschland eigentlich niemals verlassen. Dies war die erste große Abweichung meines Lebensplans und mittlerweile bin ich sogar sehr froh darüber nicht mehr in Deutschland zu wohnen. Ich habe durch meine Auswanderung sehr viel gelernt und bin über mich hinausgewachsen. Sogar den Traum vom Haus kann ich langsam loslassen, denn in einer Wohnung mit Meerblick kann man auch auf den Garten verzichten,oder?

Mein größter Lebenstraum – meine Tochter!

Mit der Auswanderung, dem nicht-verheiratet sein und des nicht vorhandenen Hauses bin ich schon ziemlich von meiner Lebensplanung abgewichen. Einen Punkt habe ich allerdings erfüllt. Ich habe ein Kind bekommen. Meine Tochter. Eine Tochter zu haben war mein größter Lebenstraum. Nichts habe ich mir mehr gewünscht als einmal eine Tochter zu haben. Mit 26 wurde ich Mutter einer gesunden, aufgeweckten und wundervollen Räubertochter und habe mit ihrer Geburt einen großen Punkt auf meiner „Lebens To-Do Liste“ abgehakt. Den Begriff abgehakt verwende ich hier bewusst. Denn ich habe oft das Gefühl, dass wir Menschen uns irgendwann einmal im Leben eine imaginäre Liste machen und die Punkte dieser Liste abhaken wollen um glücklich zu sein.

Will ich wirklich (noch) ein Kind?

Genau um dieses Abhaken geht es nämlich bei meinem Wunsch bezüglich des zweiten Kindes. In meinem Lebensplan hatte ich mir einen Altersabstand von 2-3 Jahren vorgestellt. Das erste Kind sollte in den Kindergarten gehen wenn Nummer 2 auf die Welt kommt, sodass ich beiden Kindern genug Zeit widmen kann. Als meine Tochter circa 8 Monate alt war entstand in den Sozialen Medien eine Schwangerschaftswelle. Immer mehr Mütter, deren Kinder gleich alt oder sogar jünger waren als meine Tochter, verkündeten ihre erneuten Schwangerschaften. Da mein Bruder und ich auch nur 18 Monate Altersunterschied haben, ließ ich mich von diesem Trend anstecken und war felsenfest davon überzeugt nun ans Üben von Kind Nummer 2 zu gehen.

Will ich wirklich (jetzt) noch ein Kind –

oder schließe ich mich einem Trend an?

Mein Partner war von diesem Plan nicht sehr angetan. Er erinnerte mich daran, dass unsere Tochter immernoch nicht durchschliefe (eher das Gegenteil, sie wird auch mit 15 Monaten 2-5 Mal nachts wach) und, dass wir doch besser warten sollten bis wir sie aus dem Gröbsten raus hätten. Ich teilte diese Meinung nicht, denn ich war der Meinung, dass unsere Tochter bis zur Geburt von Kind Nummer 2 sicher durchschlafen würde und fühlte mich von jeder erneuten Schwangerschaftsverkündung noch mehr unter Druck gesetzt. Ich bekam sogar eine Art Panik. Rechnete mir Monatsabstände zwischen Kind 1 und 2 aus und fragte im Bekanntenkreis oder gar fremde Mamas nach dem Altersabstand ihrer Kinder und fragte, ob sie diesen gut oder schlecht fänden. Wen ich dabei völlig vergessen hatte war mich selbst. Mein eigenes Empfinden. Mein Körper. Mein (innerster) Wunsch.

Will ich wirklich noch ein Kind –

oder möchte ich nur einen Punkt auf der To-Do Liste abhaken?

Tatsächlich dachte ich manchmal: „Wenn ich meine Kinder schnell nacheinander bekomme hab ich´s rum! Danach kann ich mich wieder um meine Figur und mein Leben kümmern!“. Ich dachte, wenn ich nach Kind Nummer 1 schnell ein zweites bekomme muss ich mich in der „Zwischenzeit“ nicht um eine Diät oder meinen beruflichen Wiedereinstieg kümmern. Ich bin dann einfach ein paar (schnelle, anstrengende) Jahre Vollzeitmama und danach steige ich wieder ins „normale“ Leben ein. Ich wollte meinen Kinderwunsch abhaken, sowie man Punkte von einer To-Do Liste abhakt. Das man aber imaginäre Lebenslisten nicht mit dem echten Leben vergleichen kann wird mir mittlerweile immer mehr bewusst.

Kinderwunsch läuft nicht nach Lebensplan

Grundsätzlich sollte man nicht nicht zu sehr auf Pläne verlassen. Erst recht nicht wenn dies Pläne aus der Kindheit sind oder einfach gewisse Vorstellungen davon sind, wie das Leben zu sein hätte. Ich kann mein Leben nicht anhalten, schnell 2-3 Kinder bekommen, und dann irgendwo weitermachen. So funktioniert das nicht mit der Kinderplanung. Und auch generell nicht das Leben. Wie heißt es so schön?

„Leben ist das was passiert während du eifrig dabei bist andere Pläne zu schmieden“

Bevor man Mama wird weiß man ja auch gar nicht wie das erste Kind so wird und wie die Verwandlung von Frau zu Mutter so abläuft. Ich zum Beispiel hatte große Probleme mit dieser Umstellung, habe viele Tränen vergossen und konnte diese unbändige Mutterliebe lange nicht spüren. Meine Tochter hatte ebenfalls Anpassungsprobleme und hat sehr viel geschrien und noch schlechter geschlafen. Mein Körper und auch mein Kopf fangen gerade erst wieder an sich zu erholen und die Batterien aufzuladen. Ich musste meinen (dringenden) Wunsch nach einem zweiten Kind überdenken und bin aktuell zu dem Entschluss gekommen, dass es keinen Plan geben muss.

Will ich wirklich noch ein Kind?

Ja! Aber ohne Zeitplan!

Ich möchte noch ein Kind, ja. Aber wann dieses Kind in unser Leben tritt, dafür gibt es keinen Zeitplan (mehr). Vielleicht kommt auch hier das Leben dazwischen und wir bleiben zu dritt. Das kann niemand wissen und erst recht nicht durch Planerei beeinflussen. Man muss sich und seinem Leben genug Raum für allerlei Möglichkeiten und Entwicklungen geben. Man kann sich theoretisch entspannt zurücklehnen und schauen welche Türen sich öffnen. Wäre ich zum Beispiel bei meinem strikten Lebensplan geblieben, dann könnte ich jetzt nicht beim Schreiben dieser Zeilen aufs Meer schauen.

Manchmal kommt eben das Leben dazwischen

Ich muss zum Thema Kinderwunsch noch etwas Wichtiges sagen. Denn nicht jede Frau kann selbst bestimmen wann sie schwanger wird. Da gibt es die Frauen, die es Jahre versuchen müssen, die monatlich durch ein Wechselbad der Gefühle gehen müssen und am Ende mit Tränen in den Augen ihre Periode begrüßen. Und dann gibt es Frauen, die ungeplant schwanger werden und denen es vielleicht auch nicht gerade in ihren „Lebensplan“ passt. Auch hier muss man sagen, dass man die Lebenspläne über Bord werfen- und aus der eigenen Situation das Beste machen sollte. Kinder sind Geschenke. Die einen werden sofort schwanger, die anderen müssen lange für ein Baby kämpfen. Bei all dem sollten wir aber nicht vergessen, dass – ob ein, zwei, drei oder KEIN Kind – dies nichts an uns als Menschen ändert. Mit einer Freundin tausche ich regelmäßig diesen Satz aus: “ Es ist wie es ist. Wir können die Tatsachen des Lebens nicht ändern – aber sehr wohl unsere Reaktion darauf“.

Vollzeitmutter ist man nur eine kurze Zeit im Leben

Und bei all den „Kinderkrieg-Gedanken“ möchte ich auch sagen: das Leben alleinig um seine Kinder herumzubauen ist nicht sinnvoll. Gebt ihnen Liebe, Zeit, Nähe und alles was sie brauchen – aber vergesst euch selbst nicht dabei. Irgendwann ziehen sie aus und ihr habt euer Haus, euren Garten und euren Mann wieder für euch alleine. Und die meisten von uns haben dann noch durchschnittlich 40 Jahre zu leben. Die Zeitspanne, die ihr intensiv mit euren Kindern verbringt, ist also nicht die Größte in eurem Leben. Es schadet nie sich jetzt schon Gedanken darüber zu machen was ihr vom Leben wollt, in welche Richtung ihr gehen möchtest und was euch glücklich macht!

Nachtrag

In diesem Artikel liest du welche Beweggründe ich für diesen Artikel hatte und wie es letzten Endes ausging.

 


Wir sieht es bei euch in Sachen Kinderwunsch aus? Habt ihr vorher schon geplant, dass es einen kurzen oder großen Abstand zwischen euren Kindern geben soll? Oder seid ihr mit einem Kind völlig zufrieden? Kam das Zweite vielleicht ungeplant aber nun ist trotzdem alles gut so wie es ist? Ich freue mich über eure Geschichten!

Schreibt mir doch eine Email an: howimetmymomlife@gmail.com