Wie funktioniert Windelfrei? Windelfrei-Coach und Mamabloggerin Tamara erzählt mir im Zuge meines Mama-Fragebogens ein bisschen mehr über ihren Alltag als dreifach Mama und geht am Ende des Fragebogens auf meine Fragen zum Thema Windelfrei ein. Tamara bloggt auf ihrem Mamablog Mamamal3 über ihren Familienalltag in der Schweiz und hat mit ihrem Projekt Nestwärme einen Platz für alle Themen rund um bindungsorientierte Elternschaft geschaffen. Am Ende des Artikels verlinke ich euch all ihre Kanäle aber nun geht es erst einmal zu meinen Fragen an Tamara.
*Dieser Beitrag enthält Werbung für meine Gastautorin, andere Blogs und ein Buch (unbeauftragt, unbezahlt)
Inhaltsverzeichnis
Fragen zum Thema Windelfrei.
Du bist Windelfrei-Coach. Wie muss man sich deine Arbeit vorstellen?
Naja, es ist nicht wirklich ein „Job“, ich habe sehr wenige Beratungen. (Werdende) Eltern informieren sich bei mir über das Thema windelfrei, stellen Fragen, sehen sich an, was es an „Hilfsmitteln“ so gibt, holen sich Literaturtipps oder leihen sich Literatur dazu aus… manchmal berate ich auch telefonisch oder per Mail.
Sollte man Windelfrei direkt ab der Geburt praktizieren oder kann man auch später noch anfangen?
Man kann jederzeit einsteigen, aber in den ersten 2-3 Monaten lohnt es sich besonders, weil die meisten Babys dann noch sehr gut signalisieren, und wenn man dann dran bleiben kann, sowieso.
Wie sieht man, dass das Baby „mal muss“?
Es gibt eine ganze Liste an möglichen „Zeichen“. Sie werden unruhig, beginnen zu strampeln oder werden im Gegenteil plötzlich ruhig, sie wollen aus dem Tragetuch oder vom Arm runter, beginnen aus dem „Nichts“ zu quengeln, um nur ein paar zu nennen.
Lässt man das Baby tatsächlich die gesamte Zeit ohne Windel? Was macht man auf Ausflügen oder im Auto?
Nein, der Begriff ist eigentlich nicht treffend, weshalb man auch oft „Ausscheidungskommunikation“ oder „natürliche Säuglingspflege“ sagt. Es geht nicht darum, dass das Baby nackt ist, sondern, dass man versteht, wann es muss und darauf reagiert. Natürlich gibt es Eltern, deren Babys tatsächlich kaum eine Windel tragen, aber die meisten benutzen Stoffwindeln oder Back-Ups/Minimal-Windeln, die schnell ausgezogen sind und zur Not ein paar Tropfen auffangen.
Hält man nur Babys ab oder Kleinkinder auch?
Das ist individuell aber sobald ein Kind gut sitzen kann (und bleibt), ist ein Töpfchen am Boden natürlich einfacher. Manche Kinder wollen irgendwann nicht mehr abgehalten werden oder werden den Eltern zu schwer dafür 😉
Wird es ab einem gewissen Alter schwieriger „windelfrei“ zu bleiben?
Komplett windelfrei ist nie das Ziel bei „windelfrei“, weshalb ich dafür auch lieber den Begriff „Ausscheidungskommunikation“ oder „natürliche Säuglingspflege“ verwende. Denn es geht nicht darum, möglichst ohne Windeln auszukommen und es gibt auch nur sehr wenige, die das wirklich so praktizieren (dann aber sicher auch die eine oder andere Panne in Kauf nehmen). Ja, es kommt häufig vor, dass Babys Windelfrei-„Pausen“ machen, wenn ein wichtiger Entwicklungsschritt bevor steht, z.B. das Krabbeln oder Laufen lernen. Dann ist die Kommunikation bzgl. Pipi etc. nicht Priorität für das Kind und man wickelt dann halt eine Weile (bevorzugt) mit Stoffwindeln. Bei mir dauerte diese Pause bei der Jüngsten vom 3. Monat weg, als sie sich drehen konnte, an bis ich ihr mit etwa 17 Monaten die Windel erst nachts, dann zunehmend auch tagsüber, gar nicht mehr anzuziehen brauchte. Da führten wir aber bereits das Töpfchen ein und es ging schon darum, trocken zu werden.
Werden Kinder mit denen Windelfrei praktiziert wurde früher Trocken?
Es gibt meines Wissens leider keine Studie dazu aber meine Erfahrung zeigt, dass die meisten zwischen 18 und 30 Monaten trocken werden, tendenziell also früher und tendenziell vor 2,5 Jahren. Dafür muss aber weder durchgehend noch Vollzeit „windelfrei“ praktiziert worden sein und der Umstand, dass die allermeisten Windelfrei-Eltern mit Stoff wickeln, trägt sicher auch dazu bei, dass die Kinder früher trocken werden, sowie natürlich der Umstand, dass diese Eltern auch nach einer Windelfrei-Pause viel eher das Töpfchen einführen während viele, die mit WWWs (Wegwerfwindeln) wickeln, lieber „warten bis das Kind soweit ist“, was unter Umständen 3-4 Jahre dauern kann weil dem Kind ja die Windel vertraut ist, diese alles schnell und unbemerkt wegsaugt, so dass das Kind die Windeln kaum als unangenehm empfinden wird während Stoffwindeln das Nässegefühl eher erhalten.
Hast du mit deinen drei Kindern Windelfrei gemacht? Wie ist deine persönliche Geschichte?
Mit meinem Sohn noch nicht. Ich habe zu spät davon erfahren. Ich merkte ihm einfach irgendwann an, wann er „gross“ musste und zog ihm dann jeweils die Windel aus und kam mit dem Töpfchen, liess ihn eine Weile lang unten ohne und so war er dann mit 2,5 Jahren trocken. Meine Mittlere hielt ich eine Weile lang, aber nicht direkt nach der Geburt, sie war da vermutlich schon 3-4 Monate alt (ja, auch dann kann man noch beginnen) immer morgens ab. Für den Rest des Tages trug sie Windeln. Ich hatte neben meinem wilden Grossen zu wenig Aufmerksamkeit… Das klappte etwa bis zum 6. Monat prima, danach nicht mehr. Mit 18 Monaten sind wir auf Stoffwindeln umgestiegen und haben das Töpfchen eingeführt, waren viel unten ohne zuhause (es war Sommer), so war sie dann mit 20 Monaten Tag und Nacht trocken. Die Jüngste hielt ich ab Geburt ab. Es klappte bis zum 3. Monat sehr gut, teils kamen wir komplett trocken durch den Tag und die Nächte. Danach arbeitete ich mit Back-Ups und Stoffwindeln (letzteres v.a. nachts oder unterwegs mal), das Töpfchen setzte ich ab und zu noch ein oder hielt sie auch mal wieder ab zwischendurch. Mit 17 Monaten merkte ich, dass die Nachtwindel morgens zunehmend trocken war und konnte sie weglassen. Tagsüber konnte ich sie ans Töpfchen gewöhnen, wir tragen seitdem keine Windeln mehr und haben noch 0-3 Pannen am Tag. Manchmal sagt sie Bescheid, wenn sie muss, oft gehe ich einfach mit ihr zum Töpfchen wenn ich das Gefühl habe, es sei wieder an der Zeit… sie ist jetzt 19 Monate alt.
Kannst du bestimmte Stoffwindeln empfehlen?
Für Stoffwindel-Einsteiger empfehle ich meist eine All-in-One (AIO). D.h. die Windel wird komplett gewaschen, wenn sie voll ist und ist der Einfachheit einer WWW (WegWerfWindel) am nächsten. Wer aber Wert auf wenig Wäsche legt, dem empfehle ich Windeln mit Einlagen, dann muss man jeweils nur diese waschen. Das war meine bevorzugte Art. Nur für die Kita gab ich jeweils AIOs mit, damit diese keinen Mehraufwand hatten.
Literaturtipps?
Ich kenne das Buch von Ingrid Bauer „Es geht auch ohne Windeln“ und kann es sehr empfehlen. Es gibt noch mehr Literatur sowie Erfahrungsberichte, ich habe diese auf meiner Website nestwaerme.li gelistet. Viele empfehlen auch das englische Buch „go diaper-free“ von Andrea Olsen. Es ist glaube ich auch als Ebook verfügbar. Viel Inspiration und Erfahrungsberichte bietet auch der Blog 1-2-3 Windelfrei von Nicola Schmidt. Spannend ist auch die Studie von Rita Messmer, „Reinlichkeit bei Säuglingen“, eine Pionierin aus der Schweiz.
Was gibt es sonst noch zum Thema „Windelfrei“ zu wissen?
Es macht wirklich Spaß, sich damit auseinanderzusetzen und es auszuprobieren. Dabei geht es nicht darum, möglichst ambitioniert jede Ausscheidung zu „erwischen“, sondern sein Baby einfach noch besser zu verstehen und in Kommunikation zu treten, mit weniger Windeln auszukommen, sich weniger um einen wunden Po oder Koliken sorgen zu müssen (beim großen Geschäft hat man meist eine gute Trefferquote), ein entsprechend zufriedeneres Baby zu haben und später auch früher komplett von Windeln wegzukommen.
Um Tamara etwas besser kennenzulernen gibt es hier ihren Mama-Fragebogen
Mama-Fragebogen Tamara Mamamal3
1. Wie heißt du und wie viele Kinder hast du?
Tamara/3
2. Warst du gerne schwanger?
Ja, sehr. Ich hatte drei komplikationslose Schwangerschaften J Abgesehen von den normalen Wehwechen wurde es erst gegen Schluss jeweils beschwerlich mit Sodbrennen, Schlafmangel etc. 😉 Ich hatte auch immer einen grossen Bauch 😛
3. Wie war die Geburt deiner Kinder? Wie hast du dich darauf vorbereitet?
Ich hatte drei völlig unterschiedliche Geburten. Mein Erstgeborener stellte sich während der Geburt als Sterngucker heraus, da hatte ich zum Glück schon die selbst gewählte PDA und spürte dann die Hilfe mit der Zange nicht. Mein erstes Mädchen kam fast im Auto zur Welt, sie überrumpelte mich total mit ihrer ungeheuer schnellen Geburt! Die dritte versöhnte mich mit allem – eine wunderschöne Wassergeburt, die ich sehr bewusst erleben durfte, ohne Hilfsmittel. Darauf hatte ich mich mit Hypnobirthing vorbereitet. Vor der ersten Geburt besuchte ich unwissend lediglich den normalen Geburtsvorbereitungskurs am Spital.
4. Wie hast du die ersten Wochen als Mama empfunden?
Jeweils recht heftig… ich hatte immer einen schweren Stillstart und entsprechend blanke Nerven, wenig Schlaf, Schmerzen und alle Hände voll zu tun… Meine Wochenbetten waren nie schön, aber ich überstand es immer…
5. Was möchtest du anderen Schwangeren / Neu-Mamas mit auf den Weg geben?
Informiert Euch gut! Investiert in einen Hypnobirthing-Kurs und die „richtige“ Literatur. Macht unbedingt schon mal eine Trageberatung und sorgt dafür, dass Ihr im Wochenbett umsorgt und nicht besucht wird.
6. Wie sieht deine Pflegeroutine als Mama aus?
Zähneputzen 😛 Für eine tägliche Routine, die über das Grundlegende hinaus geht, habe ich keine Zeit. Aber Eincremen nach dem Duschen muss sein 🙂
7. Von der Pflege zur Entspannung: was tust du als Mutter nur für dich? Wobei kannst du abschalten?
Beim Auspowern im Kampfsport. Das ist meine regelmäßige Auszeit, die mir wahnsinnig gut tut.
8. Inwiefern hast du dich verändert seitdem du Mutter bist?
Ich habe die Prioritäten sicher anders gesetzt, im Sinne von „weniger ist mehr“ – im Haushalt, an mir, an den Ansprüchen…
9. Wie sieht ein stinknormaler Mittwoch bei dir aus?
Am Morgen ist meine Jüngste in der Kita und die Grossen in der Schule, so dass ich arbeiten kann. Mittags koche ich für alle. Nachmittags haben die Kids frei und haben dann meistens Besuch oder gehen auf Besuch… da planen wir also nichts, sondern lassen es auf uns zukommen.
10. Wo kaufst du gerne für dich und deine Kinder ein?
Am liebsten online, da ich keine Zeit für Einkaufsbummel habe… ich mag‘ kleinere, besondere Marken. Ansonsten werde ich in der Einkaufspassage bei den üblichen Verdächtigen auch fündig.
11. Möchtest du weitere Kinder?
Da bin ich gespalten. Mein Herz tendiert schon sehr für ein weiteres, der Verstand sagt etwas anderes. Und der Mann sowieso. Schätze mal es endet in 2:1 gegen ein 4. Kind.
12. Wenn du einen Wunsch frei hättest würdest du…?
…mir meine Mama zurückwünschen.
Vielen Dank für diesen tolle und vor allem sympathische Interview liebe Tamara!
Ihr wollt mehr von Tamara lesen? Hier sind ihre Kanäle:
Persönlicher Blog: Mamamal3
Blog rund ums Thema Tragen & Bindungsorientierte Elternschaft: Nestwärme
Instagram: Mamamal3ch
Facebook: Mama mal 3
Pinterest: Mamamal3 & Nestwärme
Buchempfehlung:
Ebenso zum Thema Windelfrei soll das Buch „artgerecht“ sehr gut sein. Einen passender Artikel findet ihr auch auf dem dazugehörigen Blog.
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