Ich weiß nicht, ob ihr das auch kennt? Wendepunkte im Leben. Momente, an die man sich noch Jahre später zurückerinnern kann und weiß: da wurden die Weichen neu gestellt. Momente, die dem Leben eine neue Richtung geben. Einer dieser Wendepunkte in meinem Mama-Leben beginnt mit einer mittelschweren Katastrophe. Jedenfalls in den Augen meines damals 4-Jährigen Sohnes.
*Dieser Beitrag enthält Werbung für meine Gastautorin, andere Blogs und ein Buch (unbeauftragt, unbezahlt)
Inhaltsverzeichnis
- 1 Als mein hochsensibler Sohn protestierte
- 2 Ich lasse mich nicht zwingen und du kannst nichts ändern
- 3 Hochsensible Kinder triggern ihre Mütter
- 4 Wunden aus der eigenen Kindheit
- 5 Hochsensible Mama mit hochsensiblen Kind
- 6 Hochsensible Kinder erkennen
- 7 Hochsensibilität ist keine Schwäche
- 8 Durch die Hochsensibilität meines Kindes lerne ich mich selbst zu heilen
Als mein hochsensibler Sohn protestierte
Ich bin super vorbereitet: Alle Kinder waren auf den Klo und haben Schuhe an (denke ich in diesem Moment noch!), meine Tasche ist gepackt und das Auto habe ich schon vorgefahren – einen Arzttermin mit allen drei Kindern wahrnehmen, das ist schon eine Herausforderung. Aber ich bin guter Dinge. Ich schnappe den Haustürschlüssel, nehme den Jüngsten auf den Arm und rufe „Jetzt ist es aber höchste Zeit, sonst kommen wir am Ende doch noch zu…“ – der Rest des Satze bleibt mir im Halse stecken, entgeistert starre ich auf mein Mittelkind, das wieder ohne Schuhe vor mir steht.
Ich lasse mich nicht zwingen und du kannst nichts ändern
Ohne Schuhe und ohne alles sonst! Barfuß in Unterhose, statt einer Jacke trägt er nun eine bitterböse Protestmine. Er hat sich wieder komplett ausgezogen. „Spinnst du?“ entfährt es mir und noch bevor ich meine Worte recht bereuen kann, prasselt ein Unwetter auf mich nieder, das sich gewaschen hat. „Ich komm nicht mit!!! Das hast du davon! Immer müsst ihr mich hetzen und ihr zwingt mich in Hosen, wo ich keine Luft mehr kriege. Ich lasse mich nicht zwingen und du kannst nichts ändern! Ich bleibe hier und du bist Schuld!“ atemlos fast reiht er Vorwurf an Vorwurf, ich möchte etwas entgegnen, aber ich dringe überhaupt nicht zu ihm durch. Je eindringlicher ich rede, desto mehr erhöht mein Sohn seine Lautstärke und irgendwann brüllt er nun noch wortlos.
Hochsensible Kinder triggern ihre Mütter
Ich schweige fassungslos, spüre aber, wie ich auch langsam wütend werde und meine Hilflosigkeit mir Herzklopfen verursacht. „Immer zugewandt bleiben!“, mahne ich mich. „Die Beziehung suchen!“, „Auf Augenhöhe begegnen“, aber irgendwas im Verhalten meines Sohnes triggert mich so sehr, dass auch ich irgendwann explodiere. Und die Worte, die ich ihm an den Kopf werfe, kommen postwendend zu mir zurück. Was ihn treffen sollte, trifft mich mit voller Wucht. Ich schreie „Das ist lächerlich, wie du dich verhältst. Du steigerst dich da total rein! Das ist einfach nicht normal!“
Wunden aus der eigenen Kindheit
„Du steigerst dich da rein!“ diese Worte hallen in meinem Kopf wider und es trifft mich wie ein Schlag, als ich registriere, dass ich selbst diese Worte als Kind unzählige Male gehört habe. Gehört und durchlitten, denn wie heute erinnere ich mich an das Gefühl, das ich schon als Kind mit diesen
Worten verband: meine Gefühle sind nicht okay! In so vielen Situationen, in denen mir alles über den Kopf gewachsen ist und ich heftig reagierte, musste ich mir anhören: sei nicht so empfindlich!
Und nun stehe ich hier vor meinem Sohn, der offensichtlich total fertig ist mit den Nerven und wiederhole die verletzenden Worte, die man mir in solchen Momenten vermutlich so oft gesagt hat, dass ich sie verinnerlicht und abgespeichert habe: Du steigerst dich da rein! Dieser Moment hat für
mich vieles verändert. Der Moment, wo ich erkannt habe: mein Sohn hat so viel Ähnlichkeit mit mir. Mit mir oder vielmehr mit dem Kind, das ich gewesen bin. Plötzlich hatte ich das Gefühl: ich muss mich auf die Suche machen: was ist das, was meinen Sohn so krass reagieren lässt und was
uns irgendwie miteinander zu verbinden scheint?
Hochsensible Mama mit hochsensiblen Kind
Ich bin Sina, 35, Mutter von drei Kindern und ich bin hochsensibel. Hochsensible Mama mit hochsensiblem Kindergartenkind. Ich gebe zu: ich mag keine Schubladen. Mich stört das eingeordnet werden und generell das Ausruhen auf einem bestimmten Image, einer Diagnose: Sorry, so bin ich halt! Aber in diesem Fall war es ein unheimlicher Augenöffner und eine große Hilfe, unserer Hochsensibilität auf die Spur gekommen zu sein. Ich hatte mich als Mama stets bemüht, meine Kinder bedürfnisorientiert und zugewandt beim Aufwachsen zu begleiten. Aber mit meinem Mittelkind kam ich regelmäßig an meine Grenzen, weil ich sein Verhalten überhaupt nicht nachvollziehen konnte.
Mein Mangel an Empathie und der insgeheime Gedanke „Er verhält sich doch unnormal!“ machten es mir in vielen Momenten schwer, zugewandt zu bleiben. Mit dem Wissen um die Hochsensibilität meines Sohnes kann ich nun bestimmte Situationen besser einordnen und sein Verhalten wertschätzen.
Hochsensible Kinder erkennen
Hochsensibilität kann viele Gesichter haben. Die Neigung zu emotionaler und sensorischer Empfindlichkeit ist bei meinem Sohn stark ausgeprägt, ebenso die Tatsache, dass ihm schnell alles zu viel wird, er überreizt und kaputt wirkt. Hochsensible Wahrnehmung ist dabei keine Schwäche, sondern einfach eine andere, intensivere Form der Wahrnehmung, die etwa 20% aller Menschen betrifft.
Konzentrationsgabe, fotografisches Gedächtnis und Empathie
Schon früh habe ich bestaunt, mit welcher enormen Konzentration mein Mittlerer vor sich hin arbeiten konnte. Eine Stunde lang konzentriert Bügelperlen stecken war keine Seltenheit, auch schon als er noch sehr klein war. Ebenso hat er ein fast fotografisches Gedächtnis: er prägt sich optische Merkmale (Autokennzeichen, Länderflaggen) in kürzester Zeit ein und sein feines Fühlen hat ihn schon früh fähig gemacht, sich in die Perspektive anderer hineinzuversetzen. Er hat ein starkes Gerechtigkeitsempfinden.
Mein Kind traut sich nicht so viel zu wie andere
Doch mein Sohn konnte ebenso sehr verletzlich, überempfindlich und nachdenklich sein. Er war immer ausgesprochen ängstlich und traut sich viele Dinge nicht zu, die für andere in seinem Alter völlig normal sind. Er klettert und balanciert nicht, er ist nicht Laufrad gefahren und traut sich nicht auf`s Fahrrad oder ins Wasser. Neu gewonnene Freiheiten, die seine Geschwister begrüßt haben (alleine einkaufen gehen dürfen), scheut er ängstlich und denkt unheimlich viel darüber nach, was alles passieren könnte. Auf jegliche Form von Druck oder Veränderung reagierte er mit Aggression oder mit totalem Rückzug.
Mein Kind hasst enge Kleidung
Kleidung, die ihm irgendwie unangenehm ist (und das kommt häufig vor), kann ich gleich aussortieren: Bündchen ohne Gummizug, Socken, die zu weit oben oder zu weit unten an der Wade enden, kratzige Wolle, weite Ärmel. Sobald nicht alles ganz und gar passt, lehnt er es vehement ab. All das ist nur ein kleiner Einblick in unser Familienleben. Hochsensibilität kann so vielgestaltig sein wie es Menschen sind.
Falls ihr das Gefühl habt, euch irgendwo wiederzufinden, lohnt sich vielleicht ein Test – es gibt viele Fragebögen im Internet und in Büchern, die helfen, diese Spur weiterzuverfolgen. (Empfehlungen folgen am Ende des Artikels)
Hochsensibilität ist keine Schwäche
Mittlerweile bin ich aber im Umgang mit meinem Sohn sehr viel gelassener geworden. Ich sage mir immer wieder: ich kann es nicht nachvollziehen, vielleicht kann es niemand nachvollziehen, aber für ihn fühlt es sich so (krass) und nicht anders an – und das ist völlig okay! Er darf so fühlen und
ich möchte ihm vermitteln: das ist keine Schwäche (vorsichtig sein, sensibel, emotional), sondern kann eine große Stärke sein.
Durch die Hochsensibilität meines Kindes lerne ich mich selbst zu heilen
Durch meinen Sohn lerne ich auch, meine Hochsensibilität viel mehr schätzen und bin mehr eins mit mir als zu Kinderzeiten, wo das Urteil „Du steigerst dich da rein“ das Gefühl hinterließ „Ich bin anders und das ist wohl nicht gut!“ Heute sehe ich meine sensible Art als Bereicherung und bin damit dem Geheimnis echter Selbstliebe etwas mehr auf die Spur gekommen.
Wollt ihr Sina auf ihrer Reise begleiten? Hier geht es zu ihrem Instagram Account.
Online Leseempfehlungen:
Nicht normal, oder schon krank? Hochsensibilität & Co. in der heutigen Gesellschaft (Online Beratung)
Ist mein Kind hochsensibel – der Test (Zart-Stark.de)
Tipps für den Alltag mit einem hochsensiblen Kind (Hochsensibilitaet.ch)
Bin ich eine hochsensible Mama?
5 Schritte zu mehr Selbstliebe
Buch Empfehlung:
*Affiliate Link (kaufst du über diesen Link etwas bei Amazon erhalte ich eine kleine Provision. Der Preis für dich ändert sich hierbei natürlich NICHT ! Vielen Dank für deine Unterstützung <3